Frohnau vor ca. 50 Jahren.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 30, 25. Juli 1926, S. 1

Reproduktion einer Zeichnung von Julius Wagner, Annaberg

Westlich von Annaberg, eingebettet in einem zwischen den Höhen des Schrecken- und Schottenbergs gelegenen Seitental der Sehma, zieht sich das uralte Dorf Frohnau empor. Über seine Entstehung und die wirkliche Bedeutung des Namens sind uns zuverlässige Nachrichten nicht überkommen; wir wissen nur, daß es beträchtlich älter als Annaberg ist. Schon vor Gründung dieser Stadt gehörte es zur Herrschaft Balberg und wird in einer Verschreibung vom 7. März 1411 (als „Fronawe”) genannt. Zweifellos ist es bedeutend älter (es wird urkundlich zuerst in einem Lehnbrief vom 11. November 1397 erwähnt) und Ort und Namen sind jedenfalls slawischen Ursprungs. Kirchlich gehört es seit der Stadtgründung zu Annaberg; im Jahre 1515 erbaute der Annaberger Fundgrübner Lorenz Pflock im Ort eine Kapelle, die im Jahre 1520 vom Abt Gregorius Küttner zu Grünhain und dem Annaberger Pfarrer Messerschmidt eingeweiht, aber schon 1534 für 15 Gulden als Scheune verkauft wurde.

Gehen wir nun zur Betrachtung des vorstehenden, etwa aus der Mitte der 1880er Jahre stammenden Bildes über, so erblicken wir am Unterrande desselben ziemlich in der Mitte den weithin als Sehenswürdigkeit des Erzgebirges bekannten „Frohnauer Hammer”. Seine Geschichte ist reich; in seiner Nähe erschürfte Kaspar Nietzel am 27. November 1492 jene starke Silberader, welche den Herzog Georg veranlaßte, der Gründung einer Stadt in der Nähe des neuen Fundortes nahezutreten. An Stelle des späteren „Zainhammers” stand damals noch die „Obermühle” und in des „Müllers Garten zu Frohnau” beschlossen am 21. September 1496 die herzoglichen Kommissare die Anlegung der „Neustadt am Schreckenberg”, des späteren Annaberg. Dann wurde die Mühle die erste Münzstätte Annabergs, in der die sr. Zt. weltbekannten „Schreckenberger, Mühlsteine und Engelsgroschen” geprägt wurden. Hierauf kam die Obermühle am 24.4.1553 mit dem Mühlenamt an den Rat zu Annaberg, aber schon am 5.5.1572 ging sie an den Schösser zu Grünhain und den Annaberger Mühlenvogt über. 1610 wurde sie verkauft und als Oelmühle verwendet, und 1616 richtete Christoph Fischer in ihr ein Hammerwerk ein. Am 25.7.1621 nahm die Münze in Annaberg ihren Betrieb wieder auf und änderte den Fischerschen Hammer zum „Silberhammer” um. Doch die Tätigkeit des letzteren als solcher währte nur zwei Jahre. Vorübergehend wurde wieder eine Mahlmühle daraus, und am 29.12.1629 kaufte Stephan Hager das Grundstück zur Errichtung eines „Eisenhammers” für 300 Gulden. Aber schon am 9.7.1632 wurde er als „Kupferhammer” weiterverkauft; infolge der Kriegswirren kam er als solcher nie recht in Betrieb und nach 16jährigem Leerstehen ging er am 14.2.1657 für 100 Gulden in den Besitz des Annaberger Handelsmannes und Hammerherrn Gottfried Rubner über. Dieser setzte ihn wieder instand und verkaufte ihn damals als „Zainhammer”. Nachbesitzer wurden 1663 die Familie Fischer, 1684 die Familie Clauß, und 1764 die Familie Martin, bis 1904 der letzte Hammermeister Gustav Wilhelm Martin das Werk, von den Zeitumständen gezwungen, völlig stillegte und sein Anwesen 1908 an den für die Erhaltung dieses Heimatzeugen im vorhergehenden Jahr gegründeten „Hammerbund” verkaufte. Schon am 20. Juni 1908 verstarb Gustav Martin, und um einem Bedürfnis entgegenzukommen, erhielt der Hammerbund Schankerlaubnis im Hammerwohnhaus, so daß jetzt – der gegenwärtige Pächter ist Herr Max Lorenz – freundliche, mit Bildern und Gerät aus der Vergangenheit des Hammers geschmückte Gaststuben zum gemütlichen Verweilen einladen. Im Wohnhaus sind die oberen Stuben so erhalten, wie sie zu Zeiten der Familie Martin benutzt wurden, um auch hier ein getreues Bild aus dem Leben vergangener Zeiten der Erzgebirgsheimat zu geben.

Links auf dem Bild neben dem alten Hammer sehen wir die ehemalige „Bärthelschmiede”, in der sich vordem auch ein Schankwirtschaftsbetrieb – links im Hausflur, rechts war die Schmiede – befand. Gerade darüber und fast genau in der Mitte des Bildes erblicken wir den „Gasthof” (jetziger Besitzer Herr Herm. Wagner), und links unten in der Ecke die alte „Oehme-Villa” (jetzt Herrn Fleischermeister Franz Stöckel gehörig), über der sich die Mitte 1880er Jahre entstandene neue „Oehme-Villa” (jetzt im Besitz des Herrn Eisengießereibesitzers Bernhard Herrmann) erhebt. Beide Villen verdanken ihre Namen dem 1828 geborenen und 1912 verstorbenen Rechtsanwalt C. H. Oehme, der von 1854 bis 1860 jur. Stadtrat in Annaberg war und sich um den Bau der Bahnlinien Chemnitz – Annaberg und Annaberg – Weipert sehr verdient machte. – An der Kurve des um Oehmes neue Villa führenden Weges nach dem Scheibengut und der Teufelskanzel (Schottenberg) steht die ehemalige „Meyer-Scheune”, die dem verstorbenen Tierarzt C. A. Meyer in Annaberg gehörte. Rechts davon zweigt der alte Schlettauer Weg ab und über demselben sehen wir, hinter Fichten versteckt, das alte Berg- und jetzige Schankwirtschaftsgebäude der „Bäuerin”. In weiterer Entfernung rechts der Bäuerin ist das „Neue heilige Kreuz”, und in dem kleinen Fichtenwäldchen darunter der „Ullrich-Felsen”.

Am Horizont in der Mitte des Bildes ist das sog. „Landwehr-Wäldchen”, und rechts davon die „Dörfler Straße”, deren höchster Punkt auf Frohnauer Flur 668,45 Meter über dem Meeresspiegel und mithin ca. 150 Meter über der Sohle der Sehma bei der Bärthel-Schmiede liegt. Noch weiter rechts davon ist die sog. „Silberne Harnischkammer” und schräg darunter das Berggebäude der „Krönung” mit seinem jetzigen Göpelwerk auf der hohen Halde. Von dort aus gelangen wir auf Fahr- und Fußwegen zur „Schreckenberg-Ruine” (in der rechten oberen Ecke des Bildes), die 1854/55 als Notstandsarbeit erbaut wurde und dem Besucher einen herrlichen Blick auf die Städte Annaberg und Buchholz gewährt. In der Mitte rechts liegen zwischen den Schreckenberg-Feldern die „Meyer- und Melzer-Felsen”. Rechts vom Hammer, an der Taudt-Halde vorbei, führte der „alte Geyersche Weg” am Schreckenberg empor.

Als Fortsetzung der „alten Schneeberger Straße” (jetzt im Annaberger Teil „Gärtnerweg” genannt), die über die Sehmabrücke (rechts unten auf dem Bilde) nach der Talstraße führt, gewahren wir als Fortsetzung derselben links vom „Hammer” die eigentliche „Dorfstraße”, jetzt „Albert-Straße” genannt, an deren rechter Seite sich weiter oben das Gemeindeamt befindet und links von diesem – in der Mitte des Dorfes und die Front dem Beschauer zugekehrt – die alte Schule (jetzt dem Fleischermeister Herrn Rich. Reuther gehörig), sowie unmittelbar daneben die Giebelseite der neuen Schule.

Über den Rahmen des Bildes hinausgehend sind nach rechts zu noch zu erwähnen: die „Meyer-Fabrik” (jetzt Firma C. Schmidt), die ehemalige über 200 Jahre alte „Melzersche Oelmühle” (30.12.1910 abgebrannt mit der Meyerschen Fabrik), das „Restaurant zum Hüttengrund”, die alte „Herrenmühle” (früher Amtsmühle und Sitz des Mühlenamtes, 1900 abgebrannt, 1908 städt. Elektrizitätswerk, jetzt Firma J. S. Rasmussen, A.-G.), dann aufwärts das „Röhling-Gut”, die „Tausend Ritter” und das alte Berggebäude „Markus Röhling”, ein beliebter Ausflugsort der Annaberger und Buchholzer, sowie das „Haus am Sauwald”; das oberhalb des Sauwaldes stehende „Schubert-Häuschen” wurde vor vielen Jahren abgebrochen. Im Tal weiter das inzwischen abgebrannte Berggebäude „Kippenhain”, das „Eisenstuck-Gut”, die „alte Silberwäsche” und die „Neudeck-Güter” in der Nähe der Mündung der Sehma in die Zschopau; die „Galiläische Wirtschaft” (im Volksmund „Galee” genannt, abgebrannt im Jahre 1880) hinter dem Schreckenberg und der „Letzte Heller” (Scheibengut) links von der Schlettauer Straße oberhalb des Schottenbergheims.

In der Fortsetzung des Bildes nach links zu befindet sich die damals politisch zu Frohnau gehörige „Bezirksanstalt” und darunter – links von der Straße – das Huthaus der 1880 eingegangenen Grube zur „Getreuen Nachbarschaft” und die ehemals „Julius Härtelsche Kohlenhandlung” mit einer für damalige Zeit großartig angelegten Kaninchenzüchterei, die im Obererzgebirge eingeführt zu haben Härtel überhaupt das Verdienst hatte. Das neben dem Härtelschen Anwesen stehende Schubert-Haus kam vor Jahren zum Abbruch. – Es schien empfehlenswert, auch diese außerhalb des Rahmens des Bildes gelegenen Gebäude zu erwähnen, da sie politisch zum Orte Frohnau gehören.

Frohnau selbst hat jetzt über 1800 Einwohner. Möge es wachsen, blühen und gedeihen! „Glück auf!”

—m—