Goldfunde im Erzgebirge (2)

Von Willi Jacob.

(1. Fortsetzung.)

Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 123. Jahrgang, Nr. 42, 20. Oktober 1929, S. 2

Daß in unserem Vaterlande wirklich sehr früh Goldbergbau betrieben wurde, lehren uns der Schenkungsbrief Kaiser Friedrich I. über die Bergwerke im Bistum Meißen an den Bischof Heinrich zu Meißen vom Mai 1232, die Belehnung des Markgrafen Friedrich des Ernsthaften von Meißen im Jahre 1333 mit einem Goldbergwerke durch Kaiser Ludwig den Bayern (am Valtenberge, wo man wirklich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Gold schürfte), ebenso der Vertrag Anarchs von Walde und Hirarchs von Waldenburg, Herren zu Wolkenstein, mit dem Markgrafen von Meißen 1407, in dem sächsische Goldwäschen erwähnt werden. Das erste Dokument einer Belehnung in Sachsen auf Gold findet sich im Bergbelehnungsbuche des Bergamts zu Freiberg, S. 261b (von 1531), und betrifft eine Goldfreiheit am Schleißbache im Amt Eilenburg. 1596 wurde vom Oberbürgermeister des erzgebirgischen Kreises eine Goldseifen bei Voigtsberg, damals zum Bergamtsrevier Schneeberg gehörig, verliehen.

Johann Friedrich, Herzog zu Meißen, erhielt eine Kette von Waschgold aus der Elbe. Bei Leisnig wurde Goldsand gewaschen und Funde einzelner Goldkörner bei Rochlitz im Muldenbett und im benachbarten Revier gaben Anlaß zu der Sage, der Rochlitzer Wald stünde auf einem Goldmassiv. Vielleicht erklären sich die Erzählungen, Schnitter hätten beim Getreidemähen am Galgenberge bei Arletzgrün (Joachimsthal) einen „Zahn lauteren Goldes“ gefunden, mitten im Scheibenberge erhöbe sich eine Goldsäule u.a.m. in ähnlich einfacher Weise.

Viel scheint aber nirgends gefunden worden zu sein. Lehmann erzählt von Goldkörnern „bis zwei Dukaten schwer“ aus erzgebirgischen Flüssen. 1733 wurde in Hanns Christoph Ungers Zinnseifen am Auersberg ein Goldkorn von 13 As Gewicht (ca. 7 Gramm nur!) gefunden und noch im selben Monat durch das Freiberger Bergamt dem Kurfürsten „alleruntertänigst“ überreicht. Oder sprechen die Sagen die Wahrheit, die oben Albinus andeutet, daß nämlich das „Fett schon abgeschöpft war“, daß Ausländer, „Ziegeuner und Welsche zuzeiten heimliche Schätze und viel Edelgestein ausgeforschet und in Kobern und Butten von dannen hinweg getragen“?

Es sind wirklich genug sichere Zeugnisse und Aussagen vorhanden „daß durch mehrere Jahrhunderte hindurch (etwa von 1300 bis zum 30jährigen Krieg) in aller Heimlichkeit und unter Beobachtung größtmöglicher Vorsicht fleißige Hände goldhaltig Gestein gegraben, Gold aus dem Bachbett geholt und in ansehnlichen Mengen außer Landes gebracht haben“. Man nannte diese Fremden Walen oder Venetianer nach ihrer Herkunft. Mit Namen kennt man u.a. folgende: Giovannus, Carnero, Sebastian Verso, Johann Schott, Dr. Markus, M. Hieronymus, alle aus Venedig, Antonius Piger aus Florenz, Bastian (=Sebastian) Dersto, Matz (Matthias) Ricol, Schlascan, Adam Bauch, George Bauch, Moses Hojung und die Brüderpaare Christoph und Hanß, Friedrich und Barthel, ebenfalls alle aus Venedig usw., alles Leute, die der Überlieferung nach (mehrere Sagen deuten darauf hin, können aber wegen Platzmangel [wie sie Meiche, Grässe, Köhler usw. in ihren Sagenbüchern angeben] hier nicht erzählt werden) von guter Herkunft waren. Diese „Walen, Welsche, Wallonen, Venetianer, Zigeuner, Florentiner, Meyländer, Modeneser, ingleichen Brabanter und Flandrer“, wie sie heißen, schlichen als Mausefallen- und Pflasterhändler unansehnlich gekleidet durch alle Waldtäler und Gründe, prüften überall das Gestein, den Sand der Bäche, legten, ohne daß die braven Gebirgler es wußten, Schächte und Sandwäschen (Seifen) an, verrieten weder die Fundstellen noch die Menge des schon fortgeschleppten Goldes, wenn sie ertappt wurden, schrieben sich aber jede Fundstelle in kleinen Büchlein (es existiert noch eine Reihe dieser seltenen Walenbüchlein) auf und kehrten meist – als reiche Schatzgräber – in ihre Heimat zurück.

So interessant es wäre, einiges aus diesen Schriften (u.a. veröffentlicht von Lehmann 1699 und 1764, Dr. D. Kellner 1702, Schurig 1875, Grässe, Meiche, Köhler, Schurtz, Bernau) über Goldfundstätten im Erzgebirge mitzuteilen, möchte ich es doch heute unterlassen. Außerdem steht fest, daß diese Walenberichte auf Glaubwürdigkeit keinen Anspruch erheben können.

Vielleicht gaben aber doch die Walen erst den Sachsen den Anstoß, ihre Bergländer auf Edelmetall gründlich zu untersuchen. Für das Vogtland scheint das festzustehen. Die wichtigsten Goldseifen Sachsens – zwar nicht mehr zum eigentlichen Erzgebirge gehörend – befanden sich dort: an der Göltzsch. Reichenbach hieß in älteren Schriften oft „die alte Berg- und Goldwäscherstadt“. Historisch beglaubigt ist nur, daß Herrn Wolf von Schönberg 1580 zwei Goldseifen (an der Göltzsch und am „Heinerdörffer Bach“) verliehen wurden. Zu Albinus Zeit wusch man auch im „Leretz- oder Lorenzbach“. Bei Steinheide und Kottenheide gab es richtige Goldbergwerke, die dem Schneeberger Bergamte unterstanden. 1535 erhielt dieses vom Kurfürsten den Befehl, dem Herzog Georg zu hinterbringen, „daß er wegen des Verlags zum Goldbergwerk auf der Steinenheide und zum Goldkauf 500 Gulden mit vorschießen möchte.“

Im vorhergehenden Jahre erst hatte Kurfürst Johann Friedrich der „Bergstadt“ Steinheide eine Bergordnung verliehen, 1536 mußten die Schneeberger sogar einen besonderen Bergmeister dorthin schicken. Am erfolgreichsten war dieser Goldbergbau in den Jahren 1541 bis 1546. Die Erträgnisse wurden zwischen dem Kurfürsten und Herzog geteilt. Daß der Gewinn auch hier nicht allzugroß war, ergibt sich aus den sogenannten Teilerzetteln, die bei den gemeinschaftlichen Sitzungen der beiderseitigen Bergsachverständigen herausgegeben wurden. Eines dieser Protokolle – vom Jahre 1545 – enthält im Anschluß an die Angabe der recht mageren Ausbeute aus der Steinheider „Goldgrube“ den Zusatz: „Geht jetziger Zeit mehr darauf, denn man Nutz hat.“ Im Jahre 1701 schlug man Medaillen aus vogtländischen Golde, über dessen Herkunft die Angaben nicht übereinstimmen. Entweder stammte es aus der Göltzsch, aus Steinheide oder aus Voigtsberg. Ersteres ist nicht unwahrscheinlich, da um diese Zeit die Goldwäscherei in der Göltzsch wieder aufgenommen wurde. (Noch bis ins vergangene Jahrhundert hinein hat es nicht an Versuchen gefehlt, den Betrieb der Wäschen neu zu beleben. Die Regierung ließ in den Jahren 1774, 1781, 1819 und 1839-1842 Untersuchungen anstellen, die aber doch ergaben, daß auf lohnende Ausbeute bei dem gegenwärtig gesunkenen Wert der Edelmetalle nicht zu rechnen sei.) Der Schneeberger Chronist erzählt, daß die Dukaten-Medaillen aus Kottenheider Seifengold bestanden und den Schneeberger Spruch auf der Wappenseite enthielten: „Wenig Zubuß, Viel Ausbeut, Machet Fröhliche Bergleut!“

Aus dem Jahre 1536 wird berichtet: „Sogar in der Nähe Schneebergs bei Zwickau erhob sich dieses Jahr Goldbergbau; wenigstens gabs ein gewaltiges Geschrei; wenn auch der Erfolg den rege gewordenen Hoffnungen nicht entsprach. Schon im vorigen Jahr nämlich hatte ein gewisser Hans Schlesier, ein Goldwäscher, auf dem Gebiete des von Wolframsdorf und Derer von der Planitz in Neumark bei Zwickau auf Gold gemuthet, jedoch von den Grundbesitzern solches Hindernis erfahren, daß er sich unmittelbar an den Kurfürst mit der Bitte um Schutz in seinem Vorhaben wenden mußte. Johann Friedrich forderte zuerst von dem Amtsschösser in Zwickau, Wolff Pöhm, Bericht über die Lage der Sachen. Dieser schreibt u.a. mit: „Nun ist nicht ohn, daß der Enden viel Goldes ist gewaschen worden, und wo Goldgänge antrafen, sollte nicht geringer Nutz geschaffen werden …“. Diesen Bericht sandte der Kurfürst an den Hauptmann zu Schneeberg, Hanns von Weißbach, und an den Amtsverweser daselbst, Paul Schmidt, mit Befehl, die Sache zu untersuchen und zu sehen, was getan werden könne, ihm auch dann Bericht zu erstatten. Über den Erfolg dieser Angelegenheit ermangeln wir zwar bestimmter und zuverlässiger Nachrichten, allein kann man mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die im Werk begriffenen Versuche auf Gold bei Neumark zustande gekommen sind und nicht ganz ohne Ertrag gewesen sein mögen; denn sonst würde im Jahre 1544 nicht gemessener Befehl ergangen sein, daß die von der Mosel, die Römer zu Steinpleis und die von Wolfersdorf zu Neumark sich der Verleihung und des Zehnten nicht anzunehmen, noch die Arbeit in den Goldseifen zu hindern befugt wären“. Aus späterer Zeit ist über die Neumarker Fundstätte nichts überliefert.

(Schluß folgt.)