Grundsteinlegung für das Annaberger Kriegerehrenmal

Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 126. Jahrgang, Nr. 38, 17. September 1933, S. 1-2

Der Herzenswunsch von eineinhalb Jahrzehnt, ein würdiges Ehrenmal für unsere gefallenen Helden an leicht zugängiger Selle zu besitzen, geht seiner Erfüllung entgegen. Annaberg hat zwar Ostern 1925 in der Kriegergedächtniskapelle von St. Annen bereits eine Stätte der Dankbarkeit errichtet, die aber in den langen Jahren nicht so volkstümlich geworden ist, wie es das monumentale Krieger-Ehrenmal an der Hospitalkirche werden wird. Hier gehen jahrein und jahraus tausende von Menschen vorüber. Sei es, daß sie einem Abgeschiedenen die letzte Ehre geben oder ihre Lieben besuchen, die im Gottesacker ruhen, sie alle schreiten durch die via sacra dem Kriegerehrenmal entgegen und werden durch dieses Denkmal an die 700 toten Helden erinnert, die im Weltkrieg von Annaberg aus auf die Kriegsschauplätze zogen, um für den Schutz des deutschen Vaterlandes, für die Lieben daheim und die Erzgebirgsheimat unter Einsatz ihres Lebens zu kämpfen.

(T. A. W.-Photodienst.)

Der feierliche Akt am 9. September 1933 galt der offiziellen Grundsteinlegung für das Ehrenmal. Die vaterländischen Verbände waren mit 30 Fahnen angetreten und bildeten den würdigen Rahmen für diese schlichte und doch so erhebende Gedenkstunde. Eine Urkunde, die in den Grundstein eingemauert wurde, schildert die Geschichte des Annaberger Ehrenmales und lautet:

Urkunde zur Grundsteinlegung für das Annaberger Kriegerehrenmal.

Sei getreu bis in den Tod,
So will ich Dir die Krone des Lebens geben.

Der Nachwelt zur Ueberlieferung sei an diesem für unsere liebe Vaterstadt Annaberg denkwürdigen Tage dem Grundstein des Kriegerehrenmals folgende Urkunde beigelegt:

Im ersten Monat des Jahres 1929 fanden dich einige vaterländisch gesinnte und von tiefem Dankesgefühl gegenüber den im Weltkrieg gefallenen Heldensöhnen unserer Stadt erfüllte Männer zusammen, um über die Errichtung eines öffentlichen Krieger-Ehrenmals in Annaberg zu beraten. Sie beschlossen, den Kreis der Verantwortlichen und Helfenden zu erweitern und am 23. Januar 1929 wurde in einer ersten Gesamtsitzung der vorbereitende Ausschuß für die Errichtung eines öffentlichen Kriegerehrenmals in Annaberg gebildet, der sich als Vorsitzenden den Einberufer und Vater des Gedankens, Herrn Oberpostsekretär Paul Hahn, wählte. — Mit Fleiß und Treue wurden nun die Vorarbeiten betrieben und die schwierigen Fragen des Platzes, der Ausführung des Denkmals selbst, der Finanzierung usw. ernsthaft beraten. Mancherlei Hemmnisse stellten sich der Arbeit des Ausschusses entgegen, ja, sie bedrohten zum Teil ernsthaft seinen Bestand. War es erst die Platzfrage, die den Streit der Meinungen bis in die Einwohnerschaft entfachte, so war es dann jahrelang das Verhalten eines Architekten, der mit der Durchführung des Ehrenmals betraut werden sollte und schließlich den Ausschuß ruinieren wollte, indem er ihn (die 18 Mitglieder einzeln) auf eine phantastische Summe verklagte.

Im Ausschusse kamen manche, andere gingen in dieser langen schweren Zeit. Herrn Oberpostsekretär Hahn warf ein schweres Leiden auf das Krankenlager, Herr Pfarrer em. Graefe, der dem Ausschuß ebenfalls ein treues Mitglied war, segnete in hohem Alter das Zeitliche. Herr Polizeiinspektor i. R. Theodor König übernahm im Dezember 1930 den Vorsitz an Stelle des erkrankten Herrn Oberpostsekretär Hahn, dem auch an dieser Stelle für sein opfervolles Wirken um das Ehrenmal gedankt sei. Mit Eifer, Opfermut, Sorgfalt und Arbeitsfreudigkeit führte Herr Polizeiinspektor König die Arbeit seines Vorgängers fort und brachte sie 1933 zu einem guten Ende.

Der Streit mit dem erwähnten Architekten fand dank des uneigennützigen Eingreifens des Ausschußmitgliedes, Herrn Rechtsanwalt Dr. Weigel, eine günstige Lösung. Die von der Annaberger Einwohnerschaft gern gegebenen Spenden, die seinerzeit einen Betrag von ca. 6500 RM. erreicht hatten, blieben restlos der guten Sache erhalten, und mit neuem Mut ging der Ausschuß an die Vollendung seiner Pläne.

Mit der nationalen Erhebung im Frühjahre 1933 erhielt die Arbeit des Ausschusses, der bis zur heutigen Grundsteinlegung in insgesamt 34 Sitzungen tagte, weiteren fruchtbringenden Antrieb, indem sich die Ortsgruppe der NSDAP, an ihrer Spitze Herr stellv. Bürgermeister Stadtrat Martin, der Rat der Stadt insgesamt, vor allem aber auch Herr Stadtbaudirektor Kühn als technischer und künstlerischer Berater, tatkräftig an der Förderung des Werkes beteiligten. In einer denkwürdigen Sitzung zwischen Rat und Ausschuß, die von dem hoffnungsvollen Geist des wiedererwachten Deutschlands getragen war, trat der Ausschuß dem Beschluß des Rates bei, das Ehrenmal in der Form auszuführen, die nunmehr ihrer Vollendung entgegengeht. Der Preis des Ehrenmals — für das dank der Opferfreudigkeit der Einwohner, von Gönnern und Vereinen usw. bis zum heutigen Tage nahe an 11000 RM. aufgebracht worden sind, welche Summe man bis zur Einweihung des Ehrenmals am nächsten Sonntag Reminiscere durch weitere Veranstaltungen erheblich zu erhöhen hofft — beträgt 18500 RM., für den Entwurf und die künstlerische Ausführung zeichnet Bildhauer Ziegler-Chemnitz verantwortlich, während die Bauarbeiten von der Firma Meier & Lochmann-Annaberg ausgeführt werden; den aus der Kirchheimer Gegend (Franken) stammenden Muschelkalkstein für das Ehrenmal und Sockel liefert Architekt Wetzel-Annaberg, den Bruchstein für die Untermauerung und Täfelung des Platzes Steinbruchbesitzer Brückner-Wiesa.

Dem Ausschuß für das öffentliche Kriegerehrenmal gehören bis zum heutigen Tag noch folgende Personen an: Oberpostsekretär i. R. Paul Hahn, Ehrenvorsitzender, erster Bürgermeister Dr. Krug als Ehrenmitglied, Polizei-Inspektor i. R. Theodor König, Vorsitzender, Kaufmann Anton Zehner, Schriftführer, Kirchrechnungsführer Paul Spindler, Kassierer, Rechtsanwalt Dr. Maximilian Weigel, Rechtsbeistand, Butterhändler Paul Simon, Hausverwalterin Kamilla Kolmar und Fabrikant Hermann Lang als Vertreter der Kriegsopfer-Organisation, Oberlehrer i. R. Hermann Haake, Flußinspektor Edmund Teurich, Gastwirt Paul Körnig, Kaufmann Kurt Schleh, Schriftleiter Hannes Wolf.

Möge Gottes Segen immerdar über dem Werk ruhen, das sein soll für die Alten ein Symbol der unverbrüchlichen Treue, Kameradschaft und Vaterlandsliebe, die draußen im Felde unser Heer beseelte, für die Jugend aber ein Mahnmal, immerdar in Dankbarkeit zu gedenken derer, die freudig ihr Höchstes, Blut und Leben, gaben für Heimat und Vaterland! Treue um Treue!
Annaberg, im Jahre der nationalen Erhebung 1933, am 9. September.

(Die Urkunde wurde in künstlerischer Ausführung angefertigt und geschrieben von Kirchenrechnungsführer Spindler.)

Die ihr euer Blut gegeben,
Uns gebracht als Opferpfand;
Dank euch, die ihr euer Leben
Draußen vor des Feindes Gräben
Gabt für eurer Kinder Land.

Höher kann kein Leben stehn,
Als für die Gemeinsamkeit,
Wenn der Treue Fahnen wehen
Opfernd in den Tod zu gehen,
Ueberwindend Ich und Zeit.

Niemals wird’s für ewig bleichen,
Was hier blutend mußt‘ verglüh’n;
Aus dem Tod wird Leben steigen,
Wintersnacht muß endlich weichen
Vor des Frühlings hellem Blüh’n.

Lasset denn das Leid verhallen;
Schicksalhaft der Lauf der Welt;
Ob wir auf- und niederwallen,
Ob wir siegen oder fallen —
Es geschieht, wie’s Gott gefällt.

Diesen Grundstein woll’n wir legen;
Tief in unsre Herzen geh’n,
Und erkennen und erwägen;
Auch aus Leiden quillt ein Segen,
Wenn wir tiefsten Sinn nur seh’n.

Toten Brüdern, volkverbunden —
Reichen wir im Geist die Hand.
Kräfte quell’n aus euren Wunden,
Da wir uns zu euch gefunden —
Heldensöhne! — Vaterland!

Erich Lorenz.