Im Flugzeug über Annaberg.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 23, 6. Juni 1926, S. 2

Flugzeug-Aufnahmen von Studienrat Langer, Annaberg.

In großen und kleinen Sprüngen gleitet das Flugzeug D 116 über den noch etwas holprigen Flugplatz an der Morgensonne hin. Plötzlich aber wird die Bewegung ganz ruhig. Wir sind vom Erdboden los gekommen, schweben frei in der Luft. Immer mehr sinkt hinter uns der Flugplatz in die Tiefe. Bald scheinen die Häuser und die anderen Flugzeuge nur noch ein Kinderspielzeug zu sein. Schon sind wir über dem Buchholzer Bahnhof. Da macht unser Riesenvogel eine scharfe Wendung nach links und in wenigen Augenblicken ist Sehma überflogen und Cranzahl erreicht. Wieder eine Wendung. Dem Bärenstein ganz nahe sehen wir unter uns die Häuser und Teiche von Königslust, aber noch ehe wir das Bild so recht in uns aufgenommen haben, sind wir schon über Königswalde. In gleicher Höhe liegt links neben uns der Scheitel des Pöhlbergs. Noch einmal gibt der Pilot Höhensteuer und schon schweben wir etwa 400 m über unserem lieben Annaberg, das aus der Vogelschau einen einzig schönen Anblick gewährt. Wie Ameisen kribbeln die Menschen auf dem großen, schönen Marktplatz umher, einem grünen Kranz gleich umziehen die Anlagen längs der alten Stadtmauer den Kern der Stadt, wuchtig erhebt sich inmitten des Häusermeeres die altehrwürdige St. Annenkirche. Trotz der jetzt ziemlich großen Höhe ziehen die Bilder in rasend schnellem Wechsel unter uns vorüber. Da plötzlich setzt der Motor aus, das Flugzeug neigt sich nach vorn und bedauernd müssen wir feststellen, daß der Flug sich seinem Ende nähert. Schon sehen wir den Flugplatz wieder unter uns, noch eine große Schleife, dann setzt der Riesenvogel behutsam auf den Boden auf, rollt noch ein Stück und steht still. Hochbefriedigt steigen wir heraus, an einem unvergeßlichen Erlebnis reicher, das uns bisher noch nicht gekannte Eindrücke von unserer Heimat vermittelte. Und nur eins bedauern wir: daß dies Erlebnis nur gar so kurz war.

Lgr.