Weihnachtskarten.

Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 127. Jahrgang, Nr. 51, 17. Dezember 1933, S. 6

So alt wie die Neujahrskarten sind die Weihnachtskarten noch nicht. Erst mit dem 19. Jahrhundert, mit den Fortschritten im graphischen Gewerbe und mit der Verbilligung des Portos kam der Brauch auf, sich auch zu Weihnachten auf Karten, die Segenssprüche und allerlei Ausschmückungen trugen, Glück zu wünschen. Bald wurden dann auch hervorragende Künstler angehalten, Vorlagen für solche Karten zu entwerfen. So haben Adolf Menzel und der Genremaler Theodor Hosemann verschiedene schöne Weihnachtskarten entworfen. Ganz besondere Weihnachtskarten, die von Staatsoberhäupter, von Prinzen und anderen Mitgliedern des Hochadels verschickt wurden, waren gewöhnlich von hervorragenden Künstlern entworfen. Wenn der Brauch, sich gegenseitig Weihnachtskarten zuzusenden, bei vielen aus der großen Masse der Bevölkerung schon im Verschwinden begriffen ist, bei den Staatsoberhäuptern wie bei deren Familienangehörigen wird er noch immer aufrecht erhalten, wenigstens bei den Staatsoberhäuptern, die sich zum christlichen Glauben bekennen. Eine Zusammenstellung von Weihnachtskarten, die die Fürsten und Fürstinnen, Prinzen und Prinzessinnen während des letzten Jahrhunderts versandt haben, müßte eine recht interessante Sammlung ergeben; denn auf den Weihnachtskarten der Kaiser, Könige, Fürsten, Prinzen werden jedes Jahr die verschiedensten Motive behandelt.

Eine Zusammenstellung der vom englischen Königshause ausgegangenen Weihnachtskarten zum Beispiel müßte eine interessante Nebeneinanderreihung von Szenen aus der englischen Geschichte ergeben; die männlichen Mitglieder des englischen Königshauses lassen nämlich auf ihren Weihnachtskarten nach altem Herkommen stets nur Szenen aus der Geschichte des englischen Reiches wiedergeben. Auch die englische Königin und die englischen Prinzessinnen lassen auf ihren Weihnachtskarten öfter Szenen aus der englischen Geschichte darstellen, im allgemeinen ziehen sie aber vor, dabei Motive aus dem religiösen Leben und aus dem weihnachtlichen Treiben zu verwenden. Beliebt auf Weihnachtskarten der weiblichen Angehörigen des englischen Königshauses sind Darstellungen mit dem Jesuskind in der Krippe liegend oder von Maria auf dem Arm getragen. Die Angehörigen der deutschen Fürstenhäuser verwandten fast ausschließlich religiöse Motive auf ihren Weihnachtskarten. Derartige Karten, für die meist schon Monate vorher einige Entwürfe eingereicht werden müssen, werden nur an Staatsoberhäupter und an Mitglieder fürstlicher Familien gesandt. Eine Ausnahme macht hier nur das englische Königshaus. Dort ist es Brauch, daß jedem Armen, der zu Weihnachten von einem Mitglied der Königsfamilie ein Geschenk erhält, auch eine solche Weihnachtskarte mit zugestellt wird. Alle die vielen Millionen Christmas-Cards, mit denen sich die englische Bevölkerung gegenseitig ein fröhliches Fest wünscht, haben das Gemeinsame, daß auf ihnen ein Mistelzweig nachgebildet ist. Welche Motive auf den Christmas-Cards auch behandelt werden mögen, daneben, darunter oder darüber darf nie der Mistelzweig fehlen. Vor wenigen Jahren wurde einmal von der englischen Postverwaltung eine Zählung vorgenommen über die Zahl der Karten, die um die Weihnachtszeit mit der Nachbildung eines Mistelzweiges ausgeschmückt waren. Ihre Zahl belief sich auf mehr als 30 Millionen Stück.

In viel verschiedenartiger Weise wird in Deutschland auf den Weihnachtskarten der Tannenbaum als Hauptmotiv gewählt. Häufig ist auf den deutschen Weihnachtskarten ein mit Lichtern besteckter Tannenbaum zu sehen, aber auch in anderer Weise ist dieser Baum der Mittelpunkt der deutschen Weihnachtskarte. Daneben erscheinen auch noch viele andere Darstellungen, sehr häufig auch solche aus dem Kinderleben um die Weihnachtszeit, über die Weihnachtsbescherung und anderes. In der Reichhaltigkeit der Darstellung können sich die Weihnachtskarten der anderen Völker nicht mit den deutschen vergleichen.