Wie entstand das sächsische Steinkohlenbecken?

Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 126. Jahrgang, Nr. 43, 22. Oktober 1933, S. 1-2

Die geologischen Forschungen haben ergeben, daß sich die Gesteine der Erdrinde im wesentlichen auf nur zwei verschiedene Methoden gebildet haben, als Ablagerung aus dem Wasser und als Erstarrung aus glutflüssigen, aus dem Erdinnern aufgestiegener Massen. Auf die erstere Art und Weise sind die meisten Gesteine entstanden, so auch das Steinkohlengebirge. Wenn nicht nachträgliche Störungen eingetreten sind, liegen infolgedessen die jüngeren Gesteinsschichten stets auf den älteren auf, so daß man eine chronologische Reihenfolge der Ablagerungen aufstellen konnte, mit deren Hilfe sich der Geologe überall in der Erdkruste zurechtfinden kann.

Der Zeitraum, in dem sich die Steinkohlenflöze bildeten, gehört mit zu den ältesten der Erdgeschichte. Ihm voran gingen die als Silur und Devon bezeichneten Gesteinsschichtenbildungen, auf denen auch die sächsische Steinkohle auflagert, während ihr das „Rotliegende” folgte, das also das Deckgebirge überall dort bildet, wo es zur Ablagerung dieser Gesteine gekommen ist, wie z. B. im sächsischen Steinkohlenrevier.

Das Erzgebirge war in seiner Hauptbildung bereits beendet und besaß damals an seinen nördlichen Ausläufern eine üppig wuchernde Vegetation, aus deren Vernichtung die Steinkohlenflöze entstanden sind. Immer wieder wurde die reiche Vegetation vom Wasser überflutet, das Schlamm, Sand und Gesteine herbeischleppte und ablagerte, dann wieder zurückwich, so daß sich eine neue Pflanzendecke bilden konnte, um später wieder vernichtet zu werden. Durch diesen Rhythmus und Wechsel zwischen Meeresfläche und mit Pflanzen bewachsenem Land entstanden nacheinander die einzelnen Flöze und zwischen ihnen Gesteinsschichten, welche einen luftdichten Abschluß bewirkten, da sonst eine Flözbildung garnicht möglich gewesen wäre. Die Umwandlung der Pflanzen in Kohle ging somit unter Luftabschluß und immer größer werdenden Druck der überlagernden Gesteine in vielen Tausenden von Jahren vor sich. Diese Wechselschichten von Kohlen, Schiefertonen, Sandsteinen und Konglomeraten erreichen im Zwickauer Revier eine Gesamtstärke von etwa 400 m, im Lugau-Oelsnitzer Revier hingegen nur 185 m.

Nun sind aber leider die Kohlenschichten nicht in ihrer ganzen ursprünglichen Ausdehnung erhalten geblieben. Durch die vom Erzgebirge nach Norden abfließenden Flußläufe, die im Laufe der späteren Karbonzeit auftraten, wurden erhebliche Teile der Kohlenflöze wieder abgetragen, so daß in der Richtung von Süden nach Norden nur eine Erstreckung des Beckens von etwa 4,5 Kilometer übriggeblieben ist, wobei die Flöze in dieser Richtung immer tiefer – bis zu 1100 Meter – liegen.

Aber auch sonst ist die Ablagerung der Flöze vielfach durch Gebirgsbewegungen gestört worden. Einige größere Risse, die durch das Gebiet hindurchgehen, haben Teile der Flöze um 100, 200 und selbst 250 Meter in die Tiefe verworfen. Zahllos sind außerdem die kleineren Risse und Verschiebungen von nur einigen Metern, die den Abbau der Flöze sehr erschweren und verteuern. Denn der ganze Betrieb erleidet durch das plötzliche Verschwinden des Flözes eine unliebsame Unterbrechung, da man in einem solchen Falle oft wochen- und monatelang Hohlräume (Strecken und Schächte) in nicht kohlehaltigem Gestein herstellen muß, um wieder zum Flöz zu gelangen. Dazu kommt dann noch, daß durch die Risse der Gebirgszusammenhang verloren gegangen ist und so ein gewaltiger Gebirgsdruck entsteht, der das Offenhalten der für den Verkehr und die Zuführung der Wetter (Luft) benötigten Strecken erschwert und verteuert. Die gefürchteten Schlagwetter treten zwar in Sachsen nicht außergewöhnlich stark auf, aber doch in einem Umfange, der besondere Vorsichtsmaßregeln notwendig macht, die gleichfalls zu einer Betriebsverteuerung führen.

So hat es der sächsische Steinkohlenbergbau natürlich nicht leicht. aber die Güte der sächsischen Steinkohle läßt sie mit den Kohlen anderer Reviere erfolgreich in Wettbewerb treten.