Pochwerke, Schmelzhütten und Schmieden im Sehmatale bei Annaberg-Buchholz im 17. Jahrhundert.

Von Joh. Sehm-Werdau.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt. 120. Jahrgang. Nr. 5. 6. Februar 1927, S. 1 – 2.

Der bereits vor Erbauung der Stadt Annaberg in hiesiger Gegend, besonders zu Geyersdorf und Kleinrückerswalde, betriebene Bergbau war im wesentlichen noch von Geyer abhängig. Dorthin mußten die Bewohner zur Deckung ihres Lebensbedarfes auf beschwerlichen Wegen zu Markte gehen — der bereits 1468 Geyersdorf verliehene Wochenmarkt wird keine große Bedeutung erlangt haben — und auch die Erze wurden nach Geyer in die Schmelzhütten geschafft. Dafür sprechen die Berichte der Chronisten, daß Kaspar Nietzelt oder Drexler, nachdem dieser 1492 zu Frohnau eine reiche Silberader angebrochen hatte, seinen Letten nach Geyer zu einem Schmelzer zum Probieren schaffte, sowie die Verhandlungen bei der Gründung der Stadt Annaberg.

Übersicht

Mit der Steigerung der Ausbeute wird man aber sehr bald begonnen haben, hier am Ausbringungsort selbst die zur Erzverarbeitung nötigen Anlagen, wie Pochwerke und Schmelzhütten, zu errichten und zu benutzen. Die ersten Schmelzhütten sind hier annehmbar 1496 angelegt worden, denn Petrus Albinus berichtet in seinen Annabergischen Annalen (gedruckt in den Mitt. des Ver. für Geschichte von Annaberg und Umg., Jahrb. XI) beim Jahre 1518 u.a.: „Herr Philipp Weinbeer, ein Schmelzer, im Anfang von Geyer Herübergezogen und das erste Silber von der Fundgruben am Schreckenbergk helffen Schmeltzen, in die 22 Jahr alhier (also von 1496 an), 13. Jahr im Rath, der erste Stadtrichter, vor ihm seyndt Landvoigte geweßen, 2 mahl Richter und 1 mahl Burgermeister, ist dieß Jahr Dinstag nach Viti in Gott verschieden.” Vor 1498 ist hier bestimmt schon geschmelzt worden, den in diesem Jahre schlug man bereits in Frohnau Münzen.

Es dürfte nun einmal ganz interessant sein, nachzugehen, in welchem Umfange bergbauliche Nebenbetriebe, wie Pochwerke, Schmelzhütten und Schmieden, hier im Sehmatale bei Annaberg-Buchholz einst sich reihten und mit ihrem Lärm und Qualm das Tal weithin erfüllten.

Für die höchste Blütezeit des Annaberg-Buchholzer Bergbaues am Anfang des 16. Jahrhunderts ein zeitgetreues Bild zu erhalten, dürfte schwer fallen, da die wesentlichsten Unterlagen, die Lehnbücher, aus dieser Zeit nicht mehr vorhanden sind *) und auch die Chronisten so gut wie überhaupt nichts über derartige Anlagen berichten. Die folgende Darstellung soll daher auf Grund der Eintragungen in das älteste Lehnbuch des Bergamtes Annaberg, betitelt „Lehen-Buch der Hutten, Buchwerge, Heuser, Wasser, Hallen, Schmitten”, welches die Jahre 1609 bis 1678 umfaßt, gegeben werden. Das 17. Jahrhundert ist zwar eine Zeit, in welcher der Annaberger Bergbau schon wieder so gut wie ganz ruhte, aber es werden auch im 16. Jahrhundert kaum mehr Pochwerke, Schmelzhütten und Schmieden bestanden haben, als sich für das 17. Jahrhundert ermitteln lassen, da die alten, einst bergbaulichen Zwecken dienenden Stätten weiterhin beim Bergamt zu Lehen gingen.

Die Lage der einzelnen Anlagen kann am Hand der beigegebenen, unter Benutzung der Öderschen Karte und einiger vom Oberbergamt zu Freiberg bereitwilligst gemachten Angaben angefertigten Kartenskizze verfolgt werden. Eine genaue Lagenbestimmung für die einzelnen Anlagen ist jedoch nicht immer möglich, da die in den Eintragungen des Lehnbuches gemachten Ortsangaben vielfach unbestimmt sind, zu einer genaueren Ortsbestimmung jedoch die Eintragungen durch sämtliche Lehnbücher und jetzigen Grundbücher bis zur Gegenwart verfolgt und auch noch andere Unterlagen aus den verschiedensten Archiven herangezogen werden müßten. Eine sehr mühselige Arbeit mit außerdem sehr zweifelhaftem Erfolg. Einen gewissen Anhalt bietet dafür die Karte von Georg Öder in der Darstellung von Prof. Dr. Birke „Der Bezirk Annaberg im Lichte der Karthografie des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts und dazu gehörige Akten” (Progr. des Realgymn. Annaberg, 1913), da diese Karte zeitlich annähernd hier herein paßt. Leider enthält sie vom jetzigen Ferngaswerk an die Sehma abwärts keine Angaben für unsere Zwecke.

Vergegenwärtigen müssen wir uns ferner noch, daß damals die Grenzen zwischen den einzelnen Ortschaften etwas anders verliefen als heute. Zwischen Cunersdorf und Kleinrückerswalde ging die Grenze, wie jetzt noch, oben von der Bärensteiner Staatsstraße im Tale bei Himmlisch Heer herein zur sehma. Von hier bildete die Sehma die Grenze zwischen Buchholz und Kleinrückerswalde. Letzteres lag rechts am Wasser, während sich links das Buchholzer Gebiet bis herunter zur Stiefelmühle erstreckte, von wo im Tale hinauf rechts am Buchholzer Markt vorüber der jetzt verdeckte sogen. Scheidebach die Grenze zwischen Buchholz und Frohnau bildete. Die Sehma weiter abwärts erstreckte sich links bis hinunter zur Zschopau Frohnauer Flur, während rechts noch ein Stück Kleinrückerswalder, dann Annaberger und schließlich, ebenfalls an die Zschopau anstoßend, Wiesaer Gebiet folgte.

Beginnen wir nun mit der Aufführung der einzelnen Anlagen am Südende des Annaberger Bergamtsreviers, so finden wir zunächst auf Cunersdorfer Flur, also rechts der Sehma, eine alte Pochstatt ohne nähere Ortsangabe „an Waßer nauff gelegen”. 1621 wurde sie mit zwei Zeugen Jacob Löben zur Erbauung eines neuen Pochwerkes verliehen.

Die Katzenmühle in Buchholz um 1800.
Nach einem rekonstruktiven Aquarell von Friedr. Voigt-Buchholz.

Unterhalb der Katzenmühle lag das Pochwerk des Hieronimus Steig, welches 1621 mit zwei gangbaren Zeugen an Maz Puzscher überging. Dieses Pochwerk wird dasselbe sein, welches 1627 als „der Kozenmühle vnd dem Hemlischen Herr über gelegen” mit zwei ganghaften Zeugen und Sturtzplatz durch Matthes Puzscher an Hans Sittich, Bürger und Ratsmitglied in Buchholz, verkauft und 1632 unter der Bezeichnung „auf der Cunradsdorffer kegen dem Witbenberger Pochwerk gelegen“ weiter verliehen wurde. Leicht möglich ist es aber auch, daß mit den beiden letzten Ortsangaben ein besonderes Pochwerk gemeint ist, welches an dem Bache lag, der zwischen dem Katzenberge und dem Cunersdorfer Abhange herabfließt. Hier hatte man später noch Spuren einer ehemaligen Bergschmiede, sowie Teichstätten und darunter angelegt gewesene Pochwerke erkannt.

Über das oben mit genannte Witbenberger Pochwerk, sowie ein anderes hier gelegenes, Jobst Seiffardt dem Älteren gehörig gewesenes Pochwerk, fehlen nähere Angaben.

Kurz unterhalb der Dorothee (siehe I.E.S. 1927 Nr. 1 u. 2) war ebenfalls eine alte Pochstatt mit Sturtzplatz, welche aber bereits 1617 zu Wiese eingeebnet war.

Nach der Karte von Georg Öder folgen jetzt nach der Schleife der Sehma auf dem linken Ufer „buchwerge“ und am Talhange der Friedhof mit Kapelle. Im Lehnbuch finden wir hierzu, daß 1634 Thomas Wiedemann ein Pochwerk „unter dem Buchholzer Seiffen gelegen“ verkaufte.

Weiter lag hier „unter den Cappeln im Buchholz” das Pochwerk des Jacob Sittich, welches den Wasserlauf des obengenannten, am Wasser aufwärts gelegenen Pochwerks des Hans Sittich mit benutzte, da der eigene Graben verfallen war.

Nicht weit davon „vor vnd zwischen Georg Süttichs Buchwergk keg der Kapellen vber” befand sich noch ein Pochwerk, das 1611 von Franz Riedel an Hans Süttich verkauft wurde. 1618 wurde annehmbar das gleiche Werk unter der Bezeichnung „vf der ruckerswalder keg den buchholz vber” gelegen von Hans Süttich verkauft. Später ging es an Georg Gensel über (s. unten).

Der Buchholzer Kapelle gegenüber am rechten Ufer lag nach der Öderschen Karte „Casper Stahls Zinnhütt”. Im Lehnbuch selbst ist dieser Name nicht zu finden. Anzunehmen ist aber, daß diese Schmelzhütte mit der von Schönbergschen Schmelzhütte identisch ist, welche „keg den buchholz vf der Ruskerßwelder” lag. Diese Schmelzhütte wurde 1617 als „alte eingefallene Schönbergische Schmelzhütte” auf kurfürstlichen Befehl hin der Ursula verw. Gitter in Lehen gegeben. Nahe dabei lag eine „alte eingefallene buchstadt”, die vordem ebenfalls dem Casper von Schönberg gehört hatte. 45 Jahre später wurde die Schmelzhütte und Pochwerk, sowie das dazugekommene, obengenannte Georg Genselsche Pochwerk als „Zwey Hüttenstädte, Eine Puch- und Brennofenstadt nebenst zugehörigen Hütten- und Stürzplätzen” vom Bergamt verliehen.

Die zweite Schmelzhütte finden wir am linken Sehmaufer etwa gegenüber der Turnhalle an der Talstraße in Buchholz. In ihr dürfen wir die Kurfürstliche sogenannte Buchholzer Schmelzhütte vermuten, deren Betrieb 1591 eingestellt worden war.

*) Die Kaufbücher des Mühlenamtes Annaberg, sowie die Lehnbücher des Bergamtes Annaberg über die Hütten, Pochwerke, Schmieden und Wasser sind erst vom Jahre 1609 an erhalten. Die früheren dürften dem Stadtbrande von 1604 anheim gefallen sein. Die Lehnbücher des Bergamtes Annaberg über die Bergwerke sind bis 1660 bestimmt verbrannt, wie ein roter Eintrag des Bergschreibers 1664 in dem Ende Dezember 1660 begonnenen Lehnbuch besagt.

(Fortsetzung folgt.)